Wiesen

Ökologischer Wert von Wiesen und Weiden

Biologische Vielfalt auf Weltklassenivaeu

Artenvielfalt ist die harte Währung im Naturschutz. Ökosysteme sollten möglichst viele verschiedene Lebensformen unterstützen, lehrt uns die Ökologie. Je mehr, desto besser. Aber so einfach das klingt – draußen in freier Wildbahn ist diese Artenvielfalt manchmal gar nicht so leicht zu entdecken. Im nahen Buchenwald sieht man zunächst mal, nun ja…, Buchen. Und die alte Bahnhofsbrache um die Ecke bietet auf den ersten Blick auch nicht viel mehr als Brombeeren, Gleisschotter und verfallene Gebäude aus glücklicheren Tagen der Deutschen Bahn. 

Anders verhält es sich dagegen bei den artenreiche Wiesen. Hier springt die Vielfalt auch naturwissenschaftlich nicht vorgebildete Menschen geradezu an. Denn Wiesen sind bunt, vielfältig strukturiert und voller Leben: Es krabbelt, klettert, springt, flattert, zirpt, summt und brummt auf allen Etagen. Und das sind „nur“ die Vertreter der ca. 44.000 einheimischen Arten von Wirbellosen, von denen die meisten auch in Graslandökosystemen leben. Hinzu kommen noch Hunderte von Gefäßpflanzenarten und Moosen, außerdem einige Dutzend Vögel und Säuretiere. Gerade im Bereich der Vögel finden sich viele Offenlandarten, die auf artenreiches Grasland angewiesen sind. In Köln und Leverkusen zählen dazu etwa Wiesenpieper und Schwarzkehlchen.

Mehr lesen

Kleine Fläche, große Vielfalt

Artenreiche Bergwiese im Schwarzwald. Sahen unsere Wiesen im Rheinland auch einmal so aus? Bild: Volker Unterladstetter

Die eigentliche Vielfalt von Wiesen beginnt bei den Primärproduzenten der Ökosysteme, den Pflanzen. Auch hier sind die Zahlen bemerkenswert. Eine der artenreichsten Wiesen der Welt wurde in Tschechien untersucht. Dort hat man einen Plot von nur 0,25 Quadratmetern abgesteckt und alle Pflanzenarten gezählt, die darin vorkommen. Das Resultat ist kaum zu glauben: Rund 44 Arten wuchsen auf dem Viertel eines Quadratmeters einträchtig beisammen. Auf einer anderen Untersuchungsfläche (ebenfalls in Tschechien) fand man auf 49 Quadratmetern genau 131 Gefäßpflanzenarten. Das wären immerhin fast ein Zehntel aller im Kölner Stadtgebiet vorkommenden Pflanzenarten (etwa 1.500; Stand 2015), und das auf der Fläche eines besseren Vorgartens. Wiesen sind damit potenziell offene Systeme, die Zahl ihrer Organismen nach oben hin steigerbar.

Besonders eindrucksvoll wird dies durch das Jena-Experiment belegt, in dem seit 2002 auf einer Fläche von 10 Hektar das Modellökosystem Wiese untersucht wird. Die bisherigen Befunde des Experiments sind eindeutig: Artenreiche Wiesen mit vielen verschiedenen Pflanzen sind nicht nur produktiver als artenarme (erzeugen also mehr Biomasse). Sie führen auch zu einer höheren Vielfalt bei Tieren und Mikroorganismen (Vielfalt bedingt Vielfalt), sind stabiler gegenüber Störungen (Resilienz), und erbringen höhere Ökosystemleistungen als artenarme Bestände (zum Beispiel, indem sie das Auswaschen von Stickstoffverbindungen ins Grundwasser minimieren).

Cookie Consent mit Real Cookie Banner