Wiesen

Pflanzenwelt der Wiesen

Die Pflanzenwelt der Wiesen – Wo Töpfe klappern und Steine brechen

Zottiger Klappertopf (Rhinanthus alectorolophus) auf einer Kölner Streuobstwiese. Als Halbparasit zapft er die Wurzeln benachbarter Gräser an. Bild: Volker Unterladstetter

Haben Sie schon einmal vom Bocksbart gehört? Vom Klappertopf? Oder wenigstens vom Knöllchen-Steinbrech? Nein? Aber zumindest die Glockenblume dürfte Ihnen doch noch vertraut sein? Auch nicht? Kein Wunder, wenn Sie bei diesen Namen keine Bilder mehr vor Augen haben. Denn die meisten Wiesenblumen sind längst auf dem Rückzug, es gibt sie kaum noch im Rheinland. Die Chance, bei einem Spaziergang durch die nähere Umgebung auf einen Klappertopf zu treffen, liegt bei nahezu Null. Ein Lottogewinn wäre ähnlich wahrscheinlich. Und dabei gäbe es gleich drei Arten von Klappertöpfen, die theoretisch auf Wiesen im Rheinland vorkommen könnten: Der Zottige Klappertopf, und seine beiden Brüder, der Kleine und der Große Klappertopf. Die Verwandtschaft sieht man ihnen deutlich an. Alle haben sie zitronengelbe Rachenblüten, die ein bisschen an ein Löwenmäulchen erinnern. Mit ihnen locken sie von Juni bis Juli nektarsuchende Hummeln an. Früher wusste die Ackerhummel von Welt, wo sich ausgedehnte Klappertopf-Bestände finden lassen. Heute haben aber wohl auch Hummeln längst verlernt, wie schmackhaft Klappertopf-Nektar sein kann. Wahrscheinlich kennen sie ihn nur noch aus alten Hummel-Legenden.

Der Bocksbart ist immerhin noch nicht ganz so rar wie die Klappertöpfe. Mit seinen großen gelben Korbblüten lugt er immer noch hier und da aus extensiv bewirtschafteten Wiesen hervor. Wer ihn sehen will, muss sich allerdings ein wenig sputen, denn um die Mittagszeit macht er seine Blüten bereits wieder zu. Der Bocksbart ist augenscheinlich ein Frühaufsteher. Bemerkenswert ist auch, was nach der Blüte passiert. Wenn die Hüllblätter sich wieder öffnen, entfaltet sich eine riesengroße Pusteblume. Jeder Same ist an einem kunstvollen Federschirmchen befestigt. Bei einem Windstoß fliegen sie dann kreuz und quer über die Wiese. Zwar gehört der Bocksbart nicht zu den Fernfliegern, da seine Samen relativ schwer sind. Einige Meter überwindet er aber mit Leichtigkeit. Und das muss er auch, denn zur Keimung ist er auf kleine offene Bodenbereiche in der Wiese angewiesen.

Mehr lesen

Kleines Pflänzchen mit starkem Namen

Blüht im April auf mageren Wiesen: Der Knöllchen-Steinbrech (Saxifraga granulata). Ob er wirklich Steine brechen kann? Bild: Volker Unterladstetter

Kommen wir zum Knöllchen-Steinbrech, einem weiteren Vertreter aus der Kategorie: Adresse unbekannt/ verzogen. Früher, ja, da war doch zumindest auf den Wiesen noch so Manches besser. Da gehörte der Steinbrech zu den ersten Blumen, die im Frühjahr ihre Blütentriebe in die kühle Aprilluft hinausstreckten und manche Wiese mit weißen Tupfern schmückten. Ist die Blütezeit vorbei, ziehen auch die zarten nierenförmigen Blättchen schnell ein, und bald ist von der Pflanze nichts mehr zu sehen. Gar nichts? Nun, wer sich die Standorte merkt, wird vielleicht mit etwas Glück winzig kleine Kügelchen finden. Es sind Brutzwiebelchen, die sich in den Achseln der Grundblätter bilden. Durch diese Knöllchen kann sich der Steinbrech auch vegetativ vermehren. Vielleicht werden sie durch die Mahd auf der Wiese verteilt und sorgen so für die Ausbreitung der Art. Ganz offensichtlich nützen aber auch die schönsten Brutzwiebelchen nichts, wenn Wiesen immer öfter gemäht und mit Kunstdünger getränkt werden. Und so ist die liebenswerte weiße Blume aus dem Rheinland fast verschwunden.

Neu angelegte Glatthaferwiese in Köln-Lindenthal. Blühende Wiesen bis zum Horizont statt Raseneinfalt. Ein Vorbild? Bild: Volker Unterladstetter

Klappertopf, Bocksbart, und Steinbrech. Drei Einzelschicksale? Mitnichten. Sie stehen stellvertretend für viele weitere Pflanzenarten der Wiesen, die im Rheinland im Verschwinden begriffen sind. Was gäbe es nicht alles noch über sie zu berichten? Und die ulkigen Namen erst! Doch wenn sich an der gegenwärtigen Landnutzung nichts ändert, werden diese Namen bald nur noch in alten Büchern zu finden sein. Hier sind Landwirte ebenso in der Pflicht wie Kommunen, Unternehmen (Stichwort: naturnahes Firmengelände) und nicht zuletzt auch Gartenbesitzer. Überall, wo heute Grasland existiert, könnte es ein wertvoller Lebensraum sein. Nicht nur für Klappertopf und Co. Das setzt aber voraus, dass wir unsere Handlungsweisen hinterfragen. Muss landwirtschaftliches Grünland fünfmal jährlich gemäht werden? Müssen öffentliche Grünanlagen Hektarweise Rasenflächen aufweisen, oder könnte man nicht als Gestaltungselement auch Wildblumenwiesen integrieren? Anstatt Straßen- und Wegränder „runterzumulchen“, könnten sie zu wertvollen Lebensadern weiterentwickelt werden. Fördern wir zur Abwechslung mal den Fernverkehr bei Insekten.

Hingucker Gartenwiese

Einmal „Bunte Wiese“ zum Selber-Machen!

Auf den Projektflächen der Naturschutzstation jedenfalls konnten in Köln und Leverkusen bereits einige neue Lebensräume geschaffen werden. Das freut dann nicht nur Klappertopf, Bocksbart und Steinbrech, sondern auch unzählige andere Pflanzen- und Tierarten. Und wer weiß, vielleicht haben ja auch Sie – ja, genau Sie! – noch ein bisschen Platz im Garten. Eine Blumenwiese ist der Stolz eines jeden Gartens, und die Krönung der Gärtnerkunst. Probieren Sie es aus!

Cookie Consent mit Real Cookie Banner